Stell dir vor, du bist ein auf Vermögensangelegenheiten spezialisierter Privatdetektiv um die 40, hast ein schweres Alkoholproblem, von Kryptowährung nicht den Hauch einer Ahnung und wirst nun damit beauftragt, das gut versteckte Bitcoin-Vermögen eines verstorbenen Krypto-Pioniers aufzustöbern. Deine Auftraggeberin bezahlt dich gut, doch wo fängst du an zu suchen – und wo hörst du auf?
Ed Dante ist ein britischer Privatdetektiv, dem es genau so ergangen ist. Der zunächst ratlose Ermittler tappt lange im Dunkeln und begibt sich sodann auf eine konfuse Schnitzeljagd quer durch die Vereinigten Staaten von Amerika, durch Europa und nicht zuletzt durch die ihm so schleierhaften Untiefen des Krypto-Marktes. Wir begleiten Ed Dante bei seinen Untersuchungen – vom ersten Moneta über ein paar zweifelhafte Shitcoins bis zum ersten Bitcoin.
Tom Hillenbrand ist gelungen, was ich zunächst nicht für möglich gehalten hätte: Er hat in „Montecrypto“ die Grundlagen der Finanzwirtschaft und der Kryptowährung verständlich vermittelt. Ich hatte zuvor keine allzu tiefen Vorkenntnisse in diesem Bereich – ein Umstand, den ich mit dem Protagonisten Ed Dante gemeinsam hatte, der sich Stück für Stück in dieses für uns beide neue Themengebiet vorwagte. Er stellte stets die richtigen Fragen und verhalf mir so zu den Antworten, die ich benötigte, um der Handlung folgen zu können. Wer also wenig weiß von Krypto & Co darf hier guter Dinge sein.
Sehr schade ist jedoch, dass die Charaktere blass und unnahbar bleiben. Der Ermittler Ed Dante ist ein kauziger Alkoholiker mit sexistischem Weltbild, dessen inflationärer Gebrauch vulgärer Fäkalsprache mich als Leserin das eine ums andere Mal die Augen verdrehen ließ. Ein Sympathieträger ist er zweifelsohne nicht. Dadurch fiel es mir schwer, mit ihm warm zu werden, zumal sein Charakter insgesamt oberflächlich skizziert wurde. Über seine spätere Verbündete Mercy Mondego erfahren wir trotz ihrer zentralen Bedeutung für die Fortentwicklung des Geschehens noch viel weniger. Wer ist sie eigentlich? Woher kommt sie und was macht sie aus? Man weiß es nicht.
Man weiß ebenfalls nicht, wie es dem Autor gelungen ist, seinen maximal leichten Kriminalroman vom KiWi-Verlag als „Thriller“ einordnen zu lassen. Die Handlung ist vieles, aber sicher nicht atemlos-spannend oder voller überraschender Wendungen. Teilweise zieht sich das Lesen zäh in die Länge, die Ermittlungen kommen nicht voran. Meine viel zu früh verstorbene Hoffnung auf die im Klappentext beworbene „spektakuläre [Schatz-]Suche“ vermochte auch das ebenso vorhersehbare wie gnadenlos überladene und gewollt-explosive Ende nicht mehr zum Leben zu erwecken. Meines Erachtens wollte der Autor es hier einfach nur nochmal richtig krachen lassen und nebenbei wurde noch der Versuch einer irgendwie gearteten Aufklärung unternommen; die zumindest ich nicht vollständig durchdringen konnte.
Fazit
Mich konnte „Montecrypto“ leider nicht überzeugen. Wer sich für die kriminellen Implikationen von Kryptowährungen interessiert und bereit ist, sich von der Erwartung eines rasanten Thrillers zu verabschieden, mag hieran vielleicht Gefallen finden.
Tom Hillenbrand
KiWi Verlag | 448 Seiten | Paperback
ISBN: 978–3‑462–00157‑0 | 16 Euro