“Es war wie immer.
Nur ohne mich.
Und dann fuhren sie endlich.”
Seite 58
In diesem Sommer ist alles ein bisschen anders: Frieder hat die Versetzung in die 10. Klasse nicht geschafft und muss nach den Sommerferien in die Nachprüfungen. Seine Familie fährt ohne ihn in den lang ersehnten Sommerurlaub, während Frieder unter den wachsamen Augen seines strengen Großvaters – keinem geringeren als Prof. Dr. Walther Schäfer, Leiter des Bakteriologischen Instituts der städtischen Klinik – Mathe und Latein lernen muss. Was zunächst der Alptraum eines jeden 15-jährigen zu werden scheint, entwickelt sich schließlich zum „großen Sommer“ seines Lebens. Ewald Arenz erzählt die Geschichte von Frieders erster großer Liebe, von seinem ersten Sprung vom 7,5‑Meter-Turm, von der besonderen Beziehung zu seinem kauzigen Großvater und seiner stets liebevollen Großmutter; es ist eine Geschichte von geklauten Lebkuchen, nächtlichen Ausflügen ins Schwimmbad, von Freundschaft und Mut, vom Tod und der Vergänglichkeit des Lebens; eine Geschichte, die getragen wird von der leisen Dramatik des Erwachsenwerdens und die immer ein bisschen nach Freibad riechen wird.
“Immer wieder denke ich an den Sommer, aus dem für mich alles hervorgegangen ist: mein Leben, wie es heute ist. […] Mir bleibt nur dieser eine Sommer, zu dem ich immer wieder zurückkehre.”
Seite 40
Der Autor nimmt uns in seiner Erzählung mit auf einen Friedhof, über den Frieder im Jahr 2020 auf der Suche nach einem bestimmten Grab irrt und über sein Leben sinniert. „Der große Sommer“ wird in einer Art stetiger Rückblende des erwachsenen Frieders erzählt, der sich gedanklich zurückversetzt in seine Jugend Anfang der 80er Jahre. Hier zeigt sich: Ewald Arenz hat einen hervorragenden Blick für die kleinen Schönheiten des Lebens. In klarer Sprache schafft er lebendige Bilder und lässt seinen Leser:innen das silberne Rauschen der Pappelblätter an einem leuchtenden Sommertag in den Ohren rauschen. Arenz‘ Geschichte ist authentisch, sie ist echt und mitten aus dem Leben gegriffen. Ihm gelingt etwa die herrlichste Beschreibung eines deutschen Schulsporttages am letzten Tag vor der Zeugnisausgabe, die ich je gelesen habe. Ich habe sehr geschmunzelt und gedacht: Manche Dinge ändern sich eben nie.
„Der große Sommer“ überzeugt durch kluge Dialoge und die vielschichtigen Biografien seiner Figuren. Jeder Charakter ist eine spannende Persönlichkeit, aus deren Perspektive ich auch gern einen Roman gelesen hätte.
Fazit
Eine schöne Geschichte von den Momenten, die uns für immer verändern; Eine Geschichte, die melancholisch macht und mich unweigerlich mit der Frage konfrontierte: Hatte ich ihn auch – diesen einen großen Sommer, zu dem ich immer wieder zurückkehre?
Ewald Arenz
DuMont Buchverlag | 320 Seiten | Hardcover
ISBN: 978–3‑8321–7077‑6 | 20 Euro